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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63760 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 685<br />

baren <strong>und</strong> geistigen Schmerz, der ganz getrennt <strong>und</strong><br />

verschieden ist von dem daneben empf<strong>und</strong>enen physischen<br />

Leiden durch die That, oder Verdruß durch den<br />

Verlust. Dem Unrecht-Ausübenden andererseits stellt<br />

sich die Erkenntniß, daß er an sich der selbe <strong>Wille</strong> ist,<br />

der auch in jenem Leibe erscheint, <strong>und</strong> der sich in der<br />

einen Erscheinung mit solcher Vehemenz bejaht, daß<br />

er, die Gränze des eigenen Leibes <strong>und</strong> dessen Kräfte<br />

überschreitend, zur Verneinung eben dieses <strong>Wille</strong>ns<br />

in der andern Erscheinung wird, folglich er, <strong>als</strong> <strong>Wille</strong><br />

an sich betrachtet, eben durch seine Vehemenz gegen<br />

sich selbst streitet, sich selbst zerfleischt; – auch ihm<br />

stellt sich, sage ich, diese Erkenntniß augenblicklich,<br />

nicht in abstracto, sondern <strong>als</strong> ein dunkles Gefühl<br />

dar: <strong>und</strong> dieses nennt man Gewissensbiß, oder, näher<br />

für diesen Fall, Gefühl des ausgeübten Unrechts.<br />

Das Unrecht, dessen Begriff wir in der allgemeinsten<br />

Abstraktion hiemit analysirt haben, drückt sich in<br />

concreto am vollendetesten, eigentlichsten <strong>und</strong> handgreiflichsten<br />

aus im Kannibalismus: dieser ist sein<br />

deutlichster augenscheinlichster Typus, das entsetzliche<br />

Bild des größten Widerstreites des <strong>Wille</strong>ns gegen<br />

sich selbst, auf der höchsten Stufe seiner Objektivation,<br />

welche der Mensch ist. Nächst diesem im Morde,<br />

auf dessen Ausübung daher der Gewissensbiß, dessen<br />

Bedeutung wir soeben abstrakt <strong>und</strong> trocken angegeben<br />

haben, augenblicklich mit furchtbarer Deutlich-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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