18.01.2013 Aufrufe

Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

63849 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 774<br />

»Es ist leichter, daß ein Ankertau durch ein Nadelöhr<br />

gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes komme«.<br />

Vergleichen wir das Leben einer Kreisbahn aus<br />

glühenden Kohlen, mit einigen kühlen Stellen, welche<br />

Bahn wir unablässig zu durchlaufen hätten; so tröstet<br />

den im Wahn Befangenen die kühle Stelle, auf der er<br />

jetzt eben steht, oder die er nahe vor sich sieht, <strong>und</strong> er<br />

fährt fort die Bahn zu durchlaufen. Jener aber, der,<br />

das principium individuationis durchschauend, das<br />

Wesen der Dinge an sich <strong>und</strong> dadurch das Ganze erkennt,<br />

ist solchen Trostes nicht mehr empfänglich: er<br />

sieht sich an allen Stellen zugleich, <strong>und</strong> tritt heraus. –<br />

Sein <strong>Wille</strong> wendet sich, bejaht nicht mehr sein eigenes,<br />

sich in der Erscheinung spiegelndes Wesen, sondern<br />

verneint es. Das Phänomen, wodurch dieses sich<br />

k<strong>und</strong> giebt, ist der Uebergang von der Tugend zur Askesis.<br />

Nämlich es genügt ihm nicht mehr, Andere sich<br />

selbst gleich zu lieben <strong>und</strong> für sie soviel zu thun, wie<br />

für sich; sondern es entsteht in ihm ein Abscheu vor<br />

dem Wesen, dessen Ausdruck seine eigene Erscheinung<br />

ist, dem <strong>Wille</strong>n zum Leben, dem Kern <strong>und</strong><br />

Wesen jener <strong>als</strong> jammervoll erkannten <strong>Welt</strong>. Er verleugnet<br />

daher eben dieses in ihm erscheinende <strong>und</strong><br />

schon durch seinen Leib ausgedrückte Wesen, <strong>und</strong><br />

sein Thun straft jetzt seine Erscheinung Lügen, tritt in<br />

offenen Widerspruch mit derselben. Wesentlich nichts<br />

Anderes, <strong>als</strong> Erscheinung des <strong>Wille</strong>ns, hört er auf, ir-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!