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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63727 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 652<br />

Leiden dem Leben wesentlich ist <strong>und</strong> daher nicht von<br />

außen auf uns einströmt, sondern Jeder die unversiegbare<br />

Quelle desselben in seinem eigenen Innern herumträgt.<br />

Wir suchen vielmehr zu dem nie von uns<br />

weichenden Schmerz stets eine äußere einzelne Ursache,<br />

gleichsam einen Vorwand; wie der Freie sich<br />

einen Götzen bildet, um einen Herrn zu haben. Denn<br />

unermüdlich streben wir von Wunsch zu Wunsch,<br />

<strong>und</strong> wenn gleich jede erlangte Befriedigung, soviel sie<br />

auch verhieß, uns doch nicht befriedigt, sondern meistens<br />

bald <strong>als</strong> beschämender Irrthum dasteht, sehn wir<br />

doch nicht ein, daß wir mit dem Faß der Danaiden<br />

schöpfen; sondern eilen zu immer neuen Wünschen:<br />

Sed, dum abest quod avemus, id exsuperare videtur<br />

Caetera; post aliud, quum contigit illud, avemus;<br />

Et sitis aequo, tenet vitai semper hiantes.<br />

(Lucr. III, 1095.)<br />

So geht es denn entweder ins Unendliche, oder,<br />

was seltener ist <strong>und</strong> schon eine gewisse Kraft des<br />

Charakters voraussetzt, bis wir auf einen Wunsch<br />

treffen, der nicht erfüllt <strong>und</strong> doch nicht aufgegeben<br />

werden kann: dann haben wir gleichsam was wir<br />

suchten, nämlich etwas, das wir jeden Augenblick,<br />

statt unsers eigenen Wesens, <strong>als</strong> die Quelle unserer<br />

Leiden anklagen können, <strong>und</strong> wodurch wir nun mit<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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