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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63841 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 766<br />

Freuden zwar dem Wunsche lügen, sie wären ein positives<br />

Gut, in Wahrheit aber nur negativer Natur sind<br />

<strong>und</strong> nur das Ende eines Uebels. Was daher auch Güte,<br />

Liebe <strong>und</strong> Edelmuth für Andere thun, ist immer nur<br />

Linderung ihrer Leiden, <strong>und</strong> folglich ist, was sie bewegen<br />

kann zu guten Thaten <strong>und</strong> Werken der Liebe,<br />

immer nur die Erkenntniß des fremden Leidens, aus<br />

dem eigenen unmittelbar verständlich <strong>und</strong> diesem<br />

gleichgesetzt. Hieraus aber ergiebt sich, daß die reine<br />

Liebe (agapê, caritas) ihrer Natur nach Mitleid ist;<br />

das Leiden, welches sie lindert, mag nun ein großes<br />

oder ein kleines, wohin jeder unbefriedigte Wunsch<br />

gehört, seyn. Wir werden daher keinen Anstand nehmen,<br />

im geraden Widerspruch mit Kant, der alles<br />

wahrhaft Gute <strong>und</strong> alle Tugend allein für solche anerkennen<br />

will, wenn sie aus der abstrakten Reflexion<br />

<strong>und</strong> zwar dem Begriffe der Pflicht <strong>und</strong> des kategorischen<br />

Imperativs hervorgegangen ist, <strong>und</strong> der gefühltes<br />

Mitleid für Schwäche, keineswegs für Tugend erklärt,<br />

– im geraden Widerspruch mit Kant zu sagen:<br />

der bloße Begriff ist für die ächte Tugend so unfruchtbar,<br />

wie für die ächte Kunst: alle wahre <strong>und</strong> reine<br />

Liebe ist Mitleid, <strong>und</strong> jede Liebe, die nicht Mitleid<br />

ist, ist Selbstsucht. Selbstsucht ist der egôs; Mitleid<br />

ist die agapê. Mischungen von Beiden finden häufig<br />

Statt. Sogar die ächte Fre<strong>und</strong>schaft ist immer Mischung<br />

von Selbstsucht <strong>und</strong> Mitleid: erstere liegt im<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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