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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63687 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 612<br />

bewegt wird, erstreckt ihren Einfluß auf das Wesen<br />

Beider sehr weit <strong>und</strong> trägt das Meiste bei zu dem<br />

durchgreifenden <strong>und</strong> augenfälligen Unterschied des<br />

Daseyns Beider. Während nämlich das Thier immer<br />

nur durch eine anschauliche <strong>Vorstellung</strong> motivirt<br />

wird, ist der Mensch bestrebt diese Art der Motivation<br />

gänzlich auszuschließen <strong>und</strong> allein durch abstrakte<br />

<strong>Vorstellung</strong>en sich bestimmen zu lassen, wodurch er<br />

sein Vorrecht der Vernunft zu möglichstem Vortheil<br />

benutzt <strong>und</strong>, unabhängig von der Gegenwart, nicht<br />

den vorübergehenden Genuß oder Schmerz wählt oder<br />

flieht, sondern die Folgen Beider bedenkt. In den meisten<br />

Fällen, von den ganz unbedeutenden Handlungen<br />

abgesehn, bestimmen uns abstrakte, gedachte Motive,<br />

nicht gegenwärtige Eindrücke. Daher ist uns jede einzelne<br />

Entbehrung für den Augenblick ziemlich leicht,<br />

aber jede Entsagung entsetzlich schwer: denn jene<br />

trifft nur die vorübereilende Gegenwart, diese aber die<br />

Zukunft <strong>und</strong> schließt daher unzählige Entbehrungen<br />

in sich, deren Aequivalent sie ist. <strong>Die</strong> Ursache unseres<br />

Schmerzes, wie unserer Freude, liegt daher meistens<br />

nicht in der realen Gegenwart; sondern bloß in<br />

abstrakten Gedanken: diese sind es, welche uns oft<br />

unerträglich fallen, Quaalen schaffen, gegen welche<br />

alle Leiden der Thierheit sehr klein sind, da über dieselben<br />

auch unser eigener physischer Schmerz oft gar<br />

nicht empf<strong>und</strong>en wird, ja, wir bei heftigen geistigen<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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