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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63876 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 801<br />

Im wirklichen Leben sehn wir jene Unglücklichen,<br />

welche das größte Maaß des Leidens zu leeren haben,<br />

da sie, nachdem ihnen alle Hoffnung gänzlich genommen<br />

ist, bei voller Geisteskraft, einem schmählichen,<br />

gewaltsamen, oft quaalvollen Tode auf dem Schafott<br />

entgegen gehn, sehr häufig auf solche Weise umgewandelt.<br />

Wir dürfen zwar nicht annehmen, daß zwischen<br />

ihrem Charakter <strong>und</strong> dem der meisten Menschen<br />

ein so großer Unterschied sei, wie ihr Schicksal<br />

angiebt, sondern haben letzteres größtentheils den<br />

Umständen zuzuschreiben: sie sind jedoch schuldig<br />

<strong>und</strong> in beträchtlichem Grade böse. Nun sehn wir aber<br />

Viele von ihnen, nachdem völlige Hoffnungslosigkeit<br />

eingetreten ist, auf die angegebene Weise umgewandelt.<br />

Sie zeigen jetzt wirkliche Güte <strong>und</strong> Reinheit der<br />

Gesinnung, wahren Abscheu gegen das Begehn jeder<br />

im Mindesten bösen oder lieblosen That: sie vergeben<br />

ihren Feinden, <strong>und</strong> wären es solche, durch die sie unschuldig<br />

litten, nicht bloß mit Worten <strong>und</strong> etwan aus<br />

heuchelnder Furcht vor den Richtern der Unterwelt;<br />

sondern in der That <strong>und</strong> mit innigem Ernst, <strong>und</strong> wollen<br />

durchaus keine Rache. Ja, ihr Leiden <strong>und</strong> Sterben<br />

wird ihnen zuletzt lieb; denn die Verneinung des <strong>Wille</strong>ns<br />

zum Leben ist eingetreten: sie weisen oft die dargebotene<br />

Rettung von sich, sterben gern, ruhig, sälig.<br />

Ihnen hat sich, im Uebermaaß des Schmerzes, das<br />

letzte Geheimniß des Lebens offenbart, daß nämlich<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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