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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64629 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1554<br />

selbe seyn mußte. Eben hierauf beruht es, daß, während<br />

wir auf die Thorheiten <strong>und</strong> den Unverstand unserer<br />

Jugendjahre gleichgültig, ja mit lächelndem Wohlgefallen<br />

zurücksehn, die schlechten Charakterzüge<br />

eben jener Zeit, die dam<strong>als</strong> begangenen Bosheiten <strong>und</strong><br />

Frevel, selbst im späten Alter <strong>als</strong> unauslöschliche<br />

Vorwürfe dastehn <strong>und</strong> unser Gewissen beängstigen. –<br />

Wie nun <strong>als</strong>o der Charakter sich fertig einstellt, so<br />

bleibt er auch bis ins späte Alter unverändert. Der<br />

Angriff des Alters, welcher die intellektuellen Kräfte<br />

allmälig verzehrt, läßt die moralischen Eigenschaften<br />

unberührt. <strong>Die</strong> Güte des Herzens macht den Greis<br />

noch verehrt <strong>und</strong> geliebt, wann sein Kopf schon die<br />

Schwächen zeigt, die ihn dem Kindesalter wieder zu<br />

nähern anfangen. Sanftmuth, Geduld, Redlichkeit,<br />

Wahrhaftigkeit, Uneigennützigkeit, Menschenfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

u.s.w. erhalten sich durch das ganze Leben<br />

<strong>und</strong> gehn nicht durch Altersschwäche verloren: in<br />

jedem hellen Augenblick des abgelebten Greises treten<br />

sie unvermindert hervor, wie die Sonne aus Winterwolken.<br />

Und andererseits bleibt Bosheit, Tücke,<br />

Habsucht, Hartherzigkeit, F<strong>als</strong>chheit, Egoismus <strong>und</strong><br />

Schlechtigkeit jeder Art auch bis ins späteste Alter<br />

unvermindert. Wir würden Dem nicht: glauben, sondern<br />

ihn auslachen, der uns sagte: »In frühem Jahren<br />

war ich ein boshafter Schurke, jetzt aber bin ich ein<br />

redlicher <strong>und</strong> edelmüthiger Mann.« Recht schön hat<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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