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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63716 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 641<br />

darf. Was alle Lebenden beschäftigt <strong>und</strong> in Bewegung<br />

erhält, ist das Streben nach Daseyn. Mit dem Daseyn<br />

aber, wenn es ihnen gesichert ist, wissen sie nichts<br />

anzufangen: daher ist das Zweite, was sie in Bewegung<br />

setzt, das Streben, die Last des Daseyns los zu<br />

werden, es unfühlbar zu machen, »die Zeit zu tödten«,<br />

d.h. der Langenweile zu entgehn. Demgemäß sehn<br />

wir, daß fast alle vor Noth <strong>und</strong> Sorgen geborgene<br />

Menschen, nachdem sie nun endlich alle andern Lasten<br />

abgewälzt haben, jetzt sich selbst zur Last sind<br />

<strong>und</strong> nun jede durchgebrachte St<strong>und</strong>e für Gewinn achten,<br />

<strong>als</strong>o jeden Abzug von eben jenem Leben, zu dessen<br />

möglichst langer Erhaltung sie bis dahin alle<br />

Kräfte aufboten. <strong>Die</strong> Langeweile aber ist nichts weniger,<br />

<strong>als</strong> ein gering zu achtendes Uebel: sie malt zuletzt<br />

wahre Verzweiflung auf das Gesicht. Sie macht,<br />

daß Wesen, welche einander so wenig lieben, wie die<br />

Menschen, doch so sehr einander suchen, <strong>und</strong> wird<br />

dadurch die Quelle der Geselligkeit. Auch werden<br />

überall gegen sie, wie gegen andere allgemeine Kalamitäten,<br />

öffentliche Vorkehrungen getroffen, schon<br />

aus Staatsklugheit; weil dieses Uebel, so gut <strong>als</strong> sein<br />

entgegengesetztes Extrem, die Hungersnoth, die Menschen<br />

zu den größten Zügellosigkeiten treiben kann:<br />

panem et Circenses braucht das Volk. Das strenge<br />

Philadelphische Pönitenziarsystem macht, mittelst<br />

Einsamkeit <strong>und</strong> Unthätigkeit, bloß die Langeweile<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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