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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64500 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1425<br />

eine Art Gnosis, bemüht ist, die gegebene Religion zu<br />

deuten <strong>und</strong> das sensu allegorico Wahre durch ein<br />

sensu proprio Wahres auszulegen. Allein dazu müßte<br />

man die Wahrheit sensu proprio schon kennen <strong>und</strong><br />

besitzen: <strong>als</strong>dann aber wäre jene Deutung überflüssig.<br />

Denn bloß aus der Religion die Metaphysik, d.i. die<br />

Wahrheit sensu proprio, durch Auslegung <strong>und</strong> Umdeutung<br />

erst finden zu wollen, wäre ein mißliches <strong>und</strong><br />

gefährliches Unternehmen, zu welchem man sich nur<br />

dann entschließen könnte, wenn es ausgemacht wäre,<br />

daß die Wahrheit, gleich dem Eisen <strong>und</strong> andern unedlen<br />

Metallen, nur im vererzten, nicht im gediegenen<br />

Zustande vorkommen könne, daher man sie nur durch<br />

Reduktion aus der Vererzung gewinnen könnte. –<br />

Religionen sind dem Volke nothwendig, <strong>und</strong> sind<br />

ihm eine unschätzbare Wohlthat. Wenn sie jedoch<br />

den Fortschritten der Menschheit in der Erkenntniß<br />

der Wahrheit sich entgegenstellen wollen; so müssen<br />

sie mit möglichster Schonung bei Seite geschoben<br />

werden. Und zu verlangen, daß sogar ein großer<br />

Geist – ein Shakespeare, ein Goethe – die Dogmen irgend<br />

einer Religion implicite, bona fide et sensu proprio<br />

zu seiner Ueberzeugung mache, ist wie verlangen,<br />

daß ein Riese den Schuh eines Zwerges anziehe.<br />

Religionen können, <strong>als</strong> auf die Fassungskraft der<br />

großen Menge berechnet, nur eine mittelbare, nicht<br />

eine unmittelbare Wahrheit haben: diese von ihnen<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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