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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63798 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 723<br />

Boden, Sie schützen die Person vor Unfällen <strong>und</strong> verschaffen<br />

ihr Genüsse; aber die Person ist bloße Erscheinung,<br />

<strong>und</strong> ihre Verschiedenheit von andern Individuen<br />

<strong>und</strong> das Freisein von den Leiden, welche diese<br />

tragen, beruht auf der Form der Erscheinung, dem<br />

principio individuationis. Dem wahren Wesen der<br />

Dinge nach hat Jeder alle Leiden der <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> die seinigen,<br />

ja alle nur möglichen <strong>als</strong> für ihn wirklich zu<br />

betrachten, solange er der feste <strong>Wille</strong> zum Leben ist,<br />

d.h. mit aller Kraft das Leben bejaht. Für die das<br />

principium individuationis durchschauende Erkenntniß<br />

ist ein glückliches Leben in der Zeit, vom Zufall<br />

geschenkt, oder ihm durch Klugheit abgewonnen, mitten<br />

unter den Leiden unzähliger Andern, – doch nur<br />

der Traum eines Bettlers, in welchem er ein König ist,<br />

aber aus dem er erwachen muß, um zu erfahren, daß<br />

nur eine flüchtige Täuschung ihn von dem Leiden seines<br />

Lebens getrennt hatte.<br />

Dem in der Erkenntniß, welche dem Satz vom<br />

Gr<strong>und</strong>e folgt, in dem principio individuationis, befangenen<br />

Blick entzieht sich die ewige Gerechtigkeit:<br />

er vermißt sie ganz, wenn er nicht etwan sie durch<br />

Fiktionen rettet. Er sieht den Bösen, nach Unthaten<br />

<strong>und</strong> Grausamkeiten aller Art, in Freuden leben <strong>und</strong><br />

unangefochten aus der <strong>Welt</strong> gehn. Er sieht den Unterdrückten<br />

ein Leben voll Leiden bis an's Ende schleppen,<br />

ohne daß sich ein Rächer, ein Vergelter zeigte.<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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