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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63688 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 613<br />

Leiden uns physische verursachen, bloß um dadurch<br />

die Aufmerksamkeit von jenen abzulenken auf diese:<br />

daher rauft man, im größten geistigen Schmerze, sich<br />

die Haare aus, schlägt die Brust, zerfleischt das Antlitz,<br />

wälzt sich auf dem Boden; welches Alles eigentlich<br />

nur gewaltsame Zerstreuungsmittel von einem unerträglich<br />

fallenden Gedanken sind. Eben weil der<br />

geistige Schmerz, <strong>als</strong> der viel größere, gegen den physischen<br />

unempfindlich macht, wird dem Verzweifelnden,<br />

oder von krankhaftem Unmuth Verzehrten, der<br />

Selbstmord sehr leicht, auch wenn er früher, im behaglichen<br />

Zustande, vor dem Gedanken daran zurückbebte.<br />

Imgleichen reiben die Sorge <strong>und</strong> Leidenschaft,<br />

<strong>als</strong>o das Gedankenspiel, den Leib öfter <strong>und</strong> mehr auf,<br />

<strong>als</strong> die physischen Beschwerden. Dem <strong>als</strong>o gemäß<br />

sagt Epiktetos mit Recht: Tarassei tous anthrôtous<br />

ou ta pragmata, alla ta peri tôn pragmatôn dogmata<br />

(Perturbant homines non res ipsae, sed de rebus decreta)<br />

(V.) <strong>und</strong> Seneka: Plura sunt, quae nos terrent,<br />

quam quae premunt, et saepius opinione quam re<br />

laboramus (Ep.5). Auch Eulenspiegel persiflirte die<br />

menschliche Natur ganz vortrefflich, indem er bergauf<br />

gehend lachte, aber bergab gehend weinte. Ja, Kinder<br />

die sich wehe gethan, weinen oft nicht über den<br />

Schmerz, sondern erst, wenn man sie beklagt, über<br />

den dadurch erregten Gedanken des Schmerzes. So<br />

große Unterschiede im Handeln <strong>und</strong> im Leiden fließen<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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