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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64945 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1870<br />

Meine eigene, vieljährige Erfahrung hat mich auf<br />

die Vermuthung geführt, daß Wahnsinn verhältnißmäßig<br />

am häufigsten bei Schauspielern eintritt. Welchen<br />

Mißbrauch treiben aber auch diese Leute mit<br />

ihrem Gedächtniß! Täglich haben sie eine neue Rolle<br />

einzulernen, oder eine alte aufzufrischen: diese Rollen<br />

sind aber sämmtlich ohne Zusammenhang, ja, im Widerspruch<br />

<strong>und</strong> Kontrast mit einander, <strong>und</strong> jeden<br />

Abend ist der Schauspieler bemüht, sich selbst ganz<br />

zu vergessen, um ein völlig Anderer zu seyn. Dergleichen<br />

bahnt geradezu den Weg zum Wahnsinn.<br />

<strong>Die</strong> im Texte gegebene Darstellung der Entstehung<br />

des Wahnsinns wird faßlicher werden, wenn man sich<br />

erinnert, wie ungern wir an Dinge denken, welche<br />

unser Interesse, unsern Stolz, oder unsere Wünsche<br />

stark verletzen, wie schwer wir uns entschließen, Dergleichen<br />

dem eigenen Intellekt zu genauer <strong>und</strong> ernster<br />

Untersuchung vorzulegen, wie leicht wir dagegen unbewußt<br />

davon wieder abspringen, oder abschleichen,<br />

wie hingegen angenehme Angelegenheiten ganz von<br />

selbst uns in den Sinn kommen <strong>und</strong>, wenn verscheucht,<br />

uns stets wieder beschleichen, daher wir<br />

ihnen st<strong>und</strong>enlang nachhängen. In jenem Widerstreben<br />

des <strong>Wille</strong>ns, das ihm Widrige in die Beleuchtung<br />

des Intellekts kommen zu lassen, liegt die Stelle, an<br />

welcher der Wahnsinn auf den Geist einbrechen kann.<br />

Jeder widrige neue Vorfall nämlich muß vom Intellekt<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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