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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63734 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 659<br />

Mensch gezeugt <strong>und</strong> geboren worden, ist die Uhr des<br />

Menschenlebens aufs Neue aufgezogen, um jetzt ihr<br />

schon zahllose Male abgespieltes Leierstück aberm<strong>als</strong><br />

zu wiederholen, Satz vor Satz <strong>und</strong> Takt vor Takt, mit<br />

unbedeutenden Variationen. – Jedes Individuum,<br />

jedes Menschengesicht <strong>und</strong> dessen Lebenslauf ist nur<br />

ein kurzer Traum mehr des unendlichen Naturgeistes,<br />

des beharrlichen <strong>Wille</strong>ns zum Leben, ist nur ein<br />

flüchtiges Gebilde mehr, das er spielend hinzeichnet<br />

auf sein unendliches Blatt, Raum <strong>und</strong> Zeit, <strong>und</strong> eine<br />

gegen diese verschwindend kleine Weile bestehn läßt,<br />

dann auslöscht, neuen Platz zu machen. Dennoch, <strong>und</strong><br />

hier liegt die bedenkliche Seite des Lebens, muß jedes<br />

dieser flüchtigen Gebilde, dieser schaalen Einfälle,<br />

vom ganzen <strong>Wille</strong>n zum Leben, in aller seiner Heftigkeit,<br />

mit vielen <strong>und</strong> tiefen Schmerzen <strong>und</strong> zuletzt mit<br />

einem lange gefürchteten, endlich eintretenden bittern<br />

Tode bezahlt werden. Darum macht uns der Anblick<br />

eines Leichnams so plötzlich ernst.<br />

Das Leben jedes Einzelnen ist, wenn man es im<br />

Ganzen <strong>und</strong> Allgemeinen übersieht <strong>und</strong> nur die bedeutsamsten<br />

Züge heraushebt, eigentlich immer ein<br />

Trauerspiel; aber im Einzelnen durchgegangen, hat es<br />

den Charakter des Lustspiels. Denn das Treiben <strong>und</strong><br />

die Plage des Tages, die rastlose Neckerei des Augenblicks,<br />

das Wünschen <strong>und</strong> Fürchten der Woche, die<br />

Unfälle jeder St<strong>und</strong>e, mittelst des stets auf Schaber-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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